---------.---—-—- 7
t
Geographie. 7
>.
manche Veränderungen. In den Schulen der Phi-
losophen fing man schon über 500 vor Chr. an,
den alten Glauben an die Erdfläche schwankend
zu machen. Thaies (um 585) lehrte zuerst die
Kugelgestalt des Himmels. In der Mitte der
Hohlkugel schwebte ihm die runde Erdfläche in
Gestalt einer Walze, runden Säule oder Trom-
mel auf der Ungeheuern Wasserflut, welche die
untere Hälfte der Himmelskugel anfüllte, und
durch die Last der Erde gedrückt um den Rand
des Erdkreises als ein Weltmeer, statt des bis-
herigen Weltstromes Okeanos empor schwoll.
Anaximander stimmte mit seinem Lehrer Thaies
überein, nur dafs er kühner die cylinderformige
Erde in der Mitte der Himmelskugel nicht von
Wasser getragen werden, sondern durch ihren
gleichen Abstand vom Umfange schweben liefs.
Die Pythägoräer endlich, und vorzüglich Parme-
nides der Eleatiker (um 500), lehrten die Ku-
gelgestalt der Erde. Diese Lehre äufserte sich
indefs anfangs wahrscheinlich nur als leise Ver-
muthung, und fand wenig Eingang. Erst nach
Sokrates Tode (400) wurde sie allmälig in den
Schulender Philosophen angenommen, und bei
weitem nicht in allen, da hingegen die Erd-
fläche unerschütterter Volksglaube blieb, dem
also auch die Dichter folgen rnufsten, wenn
gleich mit einigen Veränderungen von der ho-
merischen./
Durch die Entdeckungen der Samier, l) und
nachher der Phocäer im Westen gegen 600 vor
Chr., 2) und durch die Bekanntschaft mit den
1) Ein samischer Schiffer Kolcios ward vor 600
von einem widrigen Ostwinde durch die hera-
ldischen Säulen verschlagen, und kam, der
erste Hellene, nach Tartessos, dem den Juden
schon untersalämon bekannten Tarsis, (ander
Südwest - Küste von Spanien).
2) Nach mehreren kühnen Erforschungen der
West-Gestade , gründeten die Phocäer gegen
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' 12 Geographie. x
hängigem Rande über die Erdsäulen hin; und
auf der Höhe dieses Gewölbes liefsen sie die Göt-
ter wohnen. Weil nun der Name Olympos, mit
dem anhaftenden Begriffe von Lufthimmel und
Aether einmal als Göttersitz in der Sprache war;
so ward er jetzt von den Dichtern dem Gewölbe
des Sternenhimmels überhaupt, und in engerer
Bedeutung dem Göttersitze auf der mitten über
dem Erdkreise geöffneten Höhe des Gewölbes bei-
gelegt. Alles, was die alten Dichter vom Berge
Olympos gesungen hatten, seine gewundenen
Erhöhungen, seine Fruchtbarkeit, die Götterpal-
läste u. s. w., übertrugen die Neuern auf den
Göttersitz im Sternenhimmel. -— Selbst, was
von gelehrter Kenntnifs unter dem Volke er-
scholl, ward nach der herrschenden Meinung ge-
mifsdeutet: der Okeanos, hiefs es, umströme
die Erde sowohl als den Sitz der flammenden
Sterne. Und häufig ist die sinnliche Vorstellung
des gewölbten Himmels mit irgend einem Zuge
der Sphären-Lehre gemischt. So hängt in Ovids
Erzählung vom Phaethon der kreisende Himmel
zugleich an den Polen, und ruht zugleich auf
den Schultern des Atlas. — Auch das Todten-
reich veränderte Lage und Einrichtung. Zuerst
innerhalb der Scheibe, dann um die Mitte der
Kugel ward es später in Elysium und Tartarus
gesondert, jenes der Aufenthalt der Guten, dieser
der Strafort der Frevler, von einer dreifachen
Mauer und dem feurigen Strome Phlegethon um-
schränkt, in einem Schlunde, der, nach Virgil,
sich zweimal so tief unter das Todtenreich streckt,
als man über die Erde himmelwärts zum ätheri-
schen Olympos schauet: denn die Titanen waren
aus dem Tartarus entlassen, und wohnten am
östlichen Ende des Erdkreises im heimischen Sitze
bei ihrem Bruder Helios.
In Virgils Zeitalter endlich war bei den Un-
terrichteten die durch astronomische Beobach-
tungen genauer bestimmte Vorstellung von der
Kugelgestalt der Erde allgemein. Man theilte
-Ai *
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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1
Geographie, 13
die Kugel nach den Wende- und Polarkreisen
in fünf Zonen oder Erdgürtel. Um die ganze
Kugel durch die Pole zog man, nach Eudoxus
(um 360), dem auch Eratostbenes folgte, Kreise,
Meridiane, deren jeder in 60 gleiche Theile ge-
schieden wurde; also ein Theil gleich 6 unsrer
Grade. Jedes Viertel von 15 Theilen vom Ae-
quator bis zum Pole, theilte man a. in 4 Theile
(240) bis zu den Wendekreisen; ¿.in 5 Theile
(300) von den Wendekreisen bis zu den Polar-
kreisen; und c. in 6 Theile (360) bis zu den Po-
len. Diese eudoodschen Erdgürtel erhielten sich
lange, bis sie den noch geltenden Bestimmun-
gen der Wendekreise unter 23!° und der Polar-
kreise unter 66|° von Posidonius und Ptolemäus
Raum gaben. — Die mittelste, heifse Zone,
zwischen den Wendekreisen, nur um einen Grad
gröfser als wir sie jetzt bilden, glaubte man we-
gen der Gluth der herab strahlenden, und, wie
man hinzu fügte, auch nähern, Sonne gröfsten-
theils unbewohnbar. Schon um Syene, jetzt
Assuan in Ober - Aegypten , durch welche Stadt
man den Wendekreis des Krebses zog, hatten sie
in den längsten Tagen die Mittagssonne über
dem Haupte , und die da herum wohnenden Ae-
thiopen erklärt Strabo für armselige Nomaden,
die theils nackt, theils mit Fellen bedeckt, selbst
klein von Wuchs, mit kleinem Vieh durch ihr
verbranntes Land umher ziehen. Jenseits der-
selben strömte nahe der Okeanos. Die Cinna-
mom- Küste, entdeckt durch die Elephanten-
Jäger der Ptolemäer, war die südlichste Gränze
Afrika’s, und zugleich das äufserste Land der
Erde, mit welchem Eratosthenes ]2° vom Aequa-
tor, ein wenig jenseits der Meerenge bei Jjire
(Babelmandeb) das Bewohnbare schlofs. Hier-
aus sieht man auch, welch ein Libyen die Grie-
chen sich umschifft dachten. — Die beiden
kalten Zonen waren von weiterer Ausdehnung,
als bei unsern Erdkundigen; denn die Polar-
kreise reichten bis zum 540. Beide glaubte man
V
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14 Geographie.
wegen Frost und Piegen gröfstentheils unbewohn-
bar und vom Okeanos bedeckt. Daher nannten
die Bewohner des milden Italiens nicht allein
den ewigen Schnee der Alpen mit Schaudern,
sondern noch mehr die jenseits immer zuneh-
mende Kälte Galliens und Germaniens, deren
Gränzstrom, der Rhenus, nahe dem Bärenkreise
in den nördlichen Okeanos zu fallen, und über
sich nur einen schmalen Bogen bewohnbares
Landes zu haben schien. Die hier wohnenden
Skythen haben, nach Herodot Iv. c. 28, acht
Monate unerträglichen Frost, und auch in den
vier übrigen Kälte; und die bei Virgil (Georg.
Iii. 549.) an der Mäotis wohnenden Skythen le-
den im Winter unter der Erde, durch Feuer und
künstlichen Wein sich erwärmend, mit Fellen
ihren Leib verhüllend, nach Einigen, in halb-
jähriger Nacht. Ja, schon von Völkern, die der
Donau nahe wohnen, heilst es, sie wohnen un-
ter dem Pole; denn vom mäotischen Meere bis
zum nördlichen Okeanos rechneten Geographen
nur etwa 50 deutsche Meilen. — Durch die
nördliche gemiifsigte Zone, zwischen dem Wen-
dekreise des Krebses und dem nördlichen Polar-
kreise, oder zwischen 240 und 540 N. Br. und
etwas darüber, streckte sich der dreifach ge-
theilte Erdkreis in Gestalt eines Eies, oder ei-
nes ausgebreiteten, länglich-rund geschnittenen
Kriegsmantels (Chlamys), der Länge nach von
Abend gegen Morgen, indem westwärts Europa
und Afrika in zwei länglichen Bogen gegen ein-
ander sich zuspitzen, und ostwärts Asia, jenen
an Länge gleich, etwas breiter auslief. Nur die
Cinnamom - Küste und das süd - östliche Tapro-
bane oder Ceylon reichten bis über 120 N. Br.,
und das fabelhafte Thule, die nördlichste Gränz-
insel, *) bis über 66°. Die Breite des Bewohn-
1) Den Namen dieser Insel erhielten die Grie-
chen zuerst durch den Massilier Pythecis, (zwi-
schen Eudoxus und Eratosthenes um 333) der
l.
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Extrahierte Personennamen: Herodot Georg Massilier_Pythecis
Extrahierte Ortsnamen: Italiens Galliens Germaniens Donau Europa Afrika Ceylon
16
Geographie.
Tiefe, und daher umflossen von einem kreisen-
den Meere, das da reichet bis wo endet das Licht
an der Finsternifs. Jes. 40 , v. 21. 22. Sprüch-
wörter 8, v. 27. Hiob 26, v. 10. Joseph. An-
tiqu. Jud. I. c. 2. Darüber ruhete das metallene
Himmelsgewölbe, Hiob 37, v. 18, das Andere
dem Teppichdache eines Beduinenzeltes vergli-
chen , das Jehovah über sich ausgespannt habe.
Jes. 40, v. 22. Auf dieser Erdscheibe lag Jeru-
salem in der Mitte, auf dem Nabel der Erde,
Ezechiel 5, v. 5, 38, v. 12, Joseph, de bello Jud.
Iii. c. 3: wie noch jetzt die Mönche vom Berge
Sinai und die arabischen Fakirs in ihren Ge-
genden den Mittelpunkt der Erde zu kennen
glauben; wie die Sinesen, Inder, Tibetaner,
jeder sein Land in die Mitte des Länderkreises
setzen. —
Diese Erde theilten die Hebräer, wahrschein-
lich nach dem Vorgänge ihrer Meerkundigen
Nachbaren, der Phönicier, in drei Theile,
welche Sem, Cham und Japhet bevölkert haben
sollten. Japhet bevölkerte das Nordland, das
ihnen ein schmaler aber langgedehnter Streifen
oberhalb Persiens, Syriens und des Mittelmeeres
gewesen zu sein scheint,1) in dem Kleinasien,
die griechischen Inseln (Gover, Javan, Kithim),
Gog und Magog (kaukasische Länder?) und Tar-
sis die wichtigsten und wohl nicht gar weit von
einander getrennten Punkte in der Vorstellung
der Flebräer waren, und auf dessen äufserster
Spitze jener dunkel angedeutete (Jes. 14, 14.)
Berg der Götterversammlung lag.2) Cham, d.
i. der Fleifse, bevölkerte das Südland mit den
westlichen Ländern am Mittelmeer: denn Mi-
zraim (Aegypten), Kanaan und Nimrod, der Er-
bauer Babylons, stammen von ihm ab. Und
1) Denn gjaphet heifst der Gedehnete. Genesis
9, v. 27.
2) Rasmussen de monte Caf. Copenhagen 1811.
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden]]
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18 Geographie.
bei den Hindus Loculoca, bei den Arabern Kaj
heifst. In den Mittelpunkt der Erde setzen sie
einen Ungeheuern, bald kegel - bald pyramiden-
förmigen Berg (Meru). Der Buckel der Erdwöl-
bung ist der Nabel des Vishnu, dessen Leib in
der Tiefe der Wasser ruht. — Nach einer an-
dern Ansicht der altindischen Weltkunde wird die
Erde eingetheilt in das feste Land und in die Ei-
lande, die sich wieder um den Mittelpunkt (den
Berg Meru) gruppiren. Dieser Berg, als der
Berg der Versammlung, findet sich auch in der
Erdkunde der alten Hebräer (Jesaias 14, 14.), wo
Satan prahlt, er werde seinen Thron über die
Sterne Gottes erhöhen, und auf dem Berge der
Versammlung gegen Norden sitzen. Vom Berge
Meru fliefsen vier Ströme, wie aus dem Paradiese
der alten mosaischen Sage, und nach dem Glau-
den der Buddisten entspringen diese vier Ströme
unter dem Baume der Erkenntnifs.
Chrono l 0 g i e.
Wie die Chorographie uns nothwendig ist,
um den Schauplatz kennen zu lernen, auf wel-
chem die Begebenheiten vorfielen: so ist es die
Chronologie, um die Begebenheiten in der Folge,
wie sie nach einander geschahen, aufreihen zu
können. Man mufste deswegen die unendliche,
uns unübersehbare Zeit in kleinere, uns fafsliche
Abschnitte theilen. Zwar hat die Natur selbst 1
1) Brahma, Vishnu, Shiva, heifsen die drei
Weltgötter der Inder, Ausflüsse des Allwe-
sens. Nach gewöhnlicher Deutung ist Brahma
der schaffende und erzeugende Gott, die Erde;
Vishnu der erhaltende, das Wasser; Shiva der
zerstörende, das Feuer, zugleich aber der be-
lebende Gott der Natur, der griechische Dio-
nysos.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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48
S chöpfungs sagen.
riihrung der Tjrstoffe entwickelte Hitze zum Theil
verdünstet sei und den Dunstkreis gebildet habe,
während dieses Theile erhoben, Berge und In-
seln entstanden seien, dafs um die Urgebirge
nach und nach Erde sich angesetzt, das trockene
Land nun Früchte hervorgebracht habe, und so
allmälig für verschiedene Geschöpfe, und endlich
auch für den Menschen bewohnbar geworden
sei. — Schon aus diesen Andeutungen leuchtet
ein, dafs die Erde, mehrere Jahrhunderte wenig-
stens, älter sein müsse, als das Menschenge-
schlecht; und es ist selbst die Vermuthung sehr
wahrscheinlich gemacht: dafs vdie Revolution,
wodurch die Erde in ihrer gegenwärtigen Gestalt
für Menschen bewohnbar geworden, nur eine
Umbildung einer frühem Erde gewesen sei, und
dafs diese vorher schon mehrere Umbildungen
erlitten habe. Beweise dafür sind die horizontal
über einander liegenden, in verschiedenen Ge-
genden der Erde auf dieselbe Art parallel laufen-
den Erdschichten mit versteinerten Konchylien
und Resten von organischen Körpern, die einst
auf ihnen gelebt haben, und deren Gattung jetzt
ausgestorben zu sein scheint. Ihre gegenwärtige
Gestalt erhielt ''aber unsere Erde höchst wahr-
scheinlich durch einen gewaltigen Orkan (oder
Zusammenstofsen mit einem andern Stern) von
Südwest her, wodurch das veste Land aus der
Südhälfte der Erde zum Theil fortgestürmt und
nach Nordost zu geworfen wurde: daher die Süd-
theile der Erde fast überall in Felsspitzen auslau-
fen, mit Buchten im Westen und Inseln im Osten;
-daher die Hauptrichtung der in Länder eindrin-
genden Meere nach Nordost geht (der Kanal hat
am westlichsten Anfang die größte, zwischen Do-
ver und Calais die geringste Tiefe); daher die
Gebirge an der Süd - und Südwestseite durchgän-
gig jähe sind, an der Nord - und Nordostseite aber
gelinde Abdachung haben und aufgeschwemmte
Erdschichten mit Ueberbleibseln organischer Kör-
per einer Vorwelt (Sibirien); und so viele unter
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Ortsnamen: Nordost Nordost Nord Sibirien
52
Schöpfungssagen.
aller Planeten unter einander, und die auf einen
Grad etwa eingeschränkte Abwechselung in der
Abweichung der Schiefe der Ekliptik stellt jetzt
das organische Maafs des kosmischen Verhältnisses
dar, welches mit der Energie der Individualisi-
rung auf der Erde eins ist.
Diese Ansicht der geschichtlichen Entwicke-
lung der Erde, die auch im höhern Sinne die
Geburt des menschlichen Geschlechts, des freien
Geistes überhaupt, an die Entwickelung der Na-
tur in ihren verborgensten Tiefen anknüpft, ver-
mag zwar nicht alles Dunkle vieler Epochen zu
heben; aber sie verdrängt die willkührlichen Hy-
pothesen, die eine Welt — verworrener als die
bestehende — annehmen mufsten, um diese zu
erklären; sie läfst sich in ihren Hauptmomenten
auch jetzt schon mit grofser Evidenz begründen;
sie verspricht eine geordnete Darstellung gesetz-
mäfsiger Progression der wahren Naturgeschichte,
statt der verworrenen Annahme wüster Revolu-
tionen, Ueberschwemmungen und Gährungen
mancherlei Art; sie schliefst sich auf eine über-
raschende Weise an den großen Cyklus der Sa-
gen , die in dem Vorgrunde aller gebildeten Na-
tionen als eine halb erloschene, schwer zu ent-
räthselnde Erinnerung sich gestaltet, und dem
Geschlecht Ahndungen tiefer Naturentwickelun-
gen überliefert haben.
Ii. Urzustand des Menschen-
geschlechts.
Das erste Menschenpaar, das sich der Dich-
ter der mosaischen Sage gleich mit Jugendkraft
erschaffen denkt, versetzt er nach Kden, d. i.
Heimat, oder, nach der griechischen Ueberse-
tzung des alten Testaments, in das Paradies (Na-
men der persischen königlichen Gärten). In der
/
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197
U e b e r
die Wohnungen, Züge und Sitten
der
Scythen,
nach dem Glauben der Alten.
Wir haben bereits in der Geographie gesehen,
dafs der Name Scythen, in den Jahrhunderten
vor Christo sehr schwankend den unbekannten
Rand der Erdscheibe von Nordwest bis Nordost,
von den Celten bis zu den Indern, nördlich bis
zum 54 Grade bezeichnete, und dafs alle Sagen
von fernen nördlichen Völkern in dieses unbe-
kannte Land versetzt wurden. Da überdiefs die
einzelnen Völker dieser Gegend fast alle eine no-
madische Lebensart führten; so ist eine genaue
Bestimmung ihrer Gränzen eben so wenig mög-
lich, als eine Geschichte des Landes. — Ari-
steas aus Prokonnesus1) hatte in seinen arimaspi-
schen Gedichten nur Fabeln verbreitet (Herodot.
Iv, 13—16.), und was Herodot von den Scythen
erzählt, hat er, seiner eignen Erklärung nach,
nur vom Hören (Iv, 16.). Dafs er in den be-
schriebenen Gegenden wie zu Hause scheint, ist
kein Grund für die Wahrheit der Sachen. Was
ihm erzählt ward, glaubte er; bildete es in seiner
Phantasie bestimmt aus; und die chorographi-
schen Bestimmungen suchte er in die Erdtafel,
die er sich schul, einzufügen. — Es ist daher
nicht blos ein vergebliches Unternehmen, son-
dern mufs auch zu Irrthümern verleiten, die von
Herodot genannten scythischen Völker und ihre
Gränzen auf unsern Charten finden und fugen zu
1) Sein Zeitalter ist unbestimmt: nach Einigen
soll er noch vor Homer gelebt haben; wenig-
stens mufs man ihn über den Anfang der Olym-
piaden - Rechnung hinauf setzen.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
493
Sonne geht zu Rüste; sie sinkt oder neigt sich. Immer näher kömmt sie dem
Horizont und endlich verschwindet sie. Sie geht unter. Die Gegend ihres
Untergangs nennen wir Westen oder Westgegend, und in dieser Gegend
geht sie jeden Abend unter.
Hätte die Sonne dort, wo sie unter dem blauen Himmelsgewölbe im
Lause des Tages hindurchgegangen ist, einen Strich, etwa einen schwarzen,
hinterlassen, so würden wir nicht bloß sehen können, daß sie einen Bogen
beschrieben hat, sondern auch ziemlich genau den Punkt zu zeigen im Stande
sein, wo sie die höchste Stelle erreicht hatte. Wir würden ferner sehen, daß
dieser Höhepunkt niemals grade über unserm Scheitel lag, sondern immer
etwas nach einer bestimmten Seite und Zwar nach jener. Diese Seite des
Himmels nennen wir Süden oder die Südgegend und die ihr entgegen-
gesetzte Norden oder Nordgegend.
Mittlerweile steht die Sonne immer noch dort am Himmel; es ist nicht
so schnell Abend geworden, als wir sprachen, — es ist noch Tag. Der Tag
ist hell, die Sonne leuchtet, macht es hell; wenn sie heute Abend untergeht,
wird es erst dämmerig (schummerig), dann dunkel. Es ist Nacht. Auf
den Tag folgt die Nacht; zwischen Tag und Nacht liegt eine Dämmerung, —
die Abenddämmerung. Mit der Nacht kömmt aber nicht bloß die Dunkel-
heit, sondern auch die Kühle, die Kälte. Von Beidem verspürten wir Nichts
(d. h. im Sommer), so lange es Tag war oder so lange die Sonne schien.
Sie machte es nicht bloß hell, sondern auch warm. Die Sonne er-
leuchtet nicht bloß, sondern erwärmt auch.
Auf die Nacht folgt wieder ein Tag; Dunkelheit und Kälte verschwinden
wieder, — aber nicht plötzlich, sondern ganz allmälig. Es wird erst wieder
Dämmerung, — der Tag graut, — die Wolken am östlichen Himmel färben
sich hell und roth, — endlich erscheint die Sonne am Horizont, — der Tag
ist da. Morgenröthe und Abendröthe.
Wo die Sonne während der Nacht gewesen ist, läßt sich leicht errathen,
wenn man weiß, daß auf der andern Seite unserer Erde ebenfalls ein Him-
melsgewölbe die azurblaue Decke bildet. Ohne Zweifel ist die Sonne in der
Zeit, wo wir sie nicht sahen, über jenes Himmelsgewölbe, was wir ebenfalls
nicht sehen, hinweggezogen und hat den Leuten, welche auf jener Seite der
Erde wohnen, einen warmen und hellen Tag gemacht, während bei uns
kalte und dunkle Nacht war. Sie hat, mit andern Worten zu reden, den
Weg, den wir sie am Tage nehmen sehen, unter der Erde fortgesetzt.
Hieraus ergiebt sich Mancherlei:
1. Die wahre Gestalt der Himmels ist eine hohle Kugel, denn
zwei Halbkugeln oder zwei Kreisgewölbe mit dem Rande auf einander gesetzt
bilden eine Kugel. Wir sehen von dieser Kugel immer nur die Hälfte, auf
welchem Punkte der Erde wir uns auch befinden mögen.
2.. Die scheinbare Bahn der Sonne ist nun kein Bogen mehr, son-
dern ein vollständiger Kreis, welcher rund uni die Erde herumreicht.
Die Sonne bewegt sich also in einem Kreise beständig um die Erde und zwar
in der Richtung von Osten nach Westen täglich über unserm Horizonte
und (von uns aus gerechnet) nächtlich von Westen nach Osten unter unserm
Horizonte.
3. Tag und Nacht find zu gleicher Zeit auf der Erde; sie
wandern beide beständig um die Erde herum. Wenn bei und Mittag ist, so
ist es grade Mitternacht auf der andern Seite der Erde; ist es bei uns
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
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